Cap de Carteret und Dunes d’Hatainville

Am zweiten Tag am Meer starten wir am späten Morgen zu einer Runde ganz in der Nähe des Ferienhauses. Von der Runde im Rother Wanderführer inspiriert wollen wir nach Carteret. Im Gegenteil zur Tour im Buch wollen wir aber den wundervollen Strand mit einbauen. So starten wir unsere Tour am Parkplatz in den Dünen unterhalb von Hatainville.

Schon nach wenigen Metern gelangen wir an den fast menschenleeren Strand, den La plage de La Vieille Église. Links liegen die Dünen von Hatainville, rechts rauscht das Meer und um ums herum pfeift der Wind. Es ist Ebbe und das Meer hat sich weit zurückgezogen. Tausende im Sand vergrabene Wattwürmer haben an der Oberfläche ihre charakteristischen kleinen Häufchen hinterlassen. Soooo schön. Sofort beginnen wir mit Amy zu toben. Herrlich sag ich euch. Wir genießen jeden Schritt. Und da es die ersten dreieinhalb Kilometer so weiter geht, sind das ganz schön viele genussvolle Schritte 🙂 Bald kommt das Cap de Carteret in Sicht. Bis wir es erreichen wird es jedoch noch eine Weile dauern – wie das eben mit von Weitem sichtbaren Landmarken so ist. Das macht uns aber nichts. Wir laufen weiter, halten inne, spielen mit den heranrauschenden Wellen und atmen schon fast gierig die salzige Meeresluft ein.

Kurz vor Ende des Strandes verlassen wir diesen und schlendern zur malerisch gelegenen Kirchenruine. Das Dach der Kirche ist eingestürzt, nur noch zwei Flanken trotzen dem Küstenwetter. Moose und Flechten haben sich an den alten Steinen angesiedelt. Der Anblick ist trotzdem oder gerade deshalb märchenhaft. Durch eine runde Fensteröffnung bietet sich ein besonders schöner Blick auf den langgezogenen Sandstrand.
Die vieille église Saint-Germain wurde am Ende des 12. Jahrhunderts errichtet. Damals befand sich das Dorf Carteret hier. Aufgrund der herandrängenden Dünen verlegte man das Dorf gen Süden, die Kirche verlor mit der Zeit ihre Bedeutung und wurde dem Verfall preis gegeben. Gut für uns, denn ich liebe den Anblick von alten Ruinen. Besonders mit so schöner Kulisse. Irgendwie schweifen meine Gedanken dann immer in die Geschichte. Ich stelle mir vor, was diese alten Gemäuer schon alles gesehen haben… Liebespaare bei heimlichen Treffen zum Beispiel oder Schmuggler beim Verstecken von Diebesgut 🙂
Hinter der Kirche treffen wir auf den alten Zöllnerweg (sentier des douaniers), der uns hoch über dem Meer, aussichtsreich entlang der Klippen führt. Rechts geht es teilweise ganz schön ab. Unter uns brechen die Wellen an den zerklüfteten Felsen. Wirklich gefährlich empfinde ich den Pfad nicht, er ist leicht zu gehen, erfordert aber glaube ich ein gewisses Maß an Schwindelfreiheit. Nach kurzer Zeit bietet sich ein Abstecher zu einer weiteren kleinen Ruine auf einem etwas tiefer liegenden Felsplateau an. Dann folgen wir wieder dem Pfad oberhalb, bis schließlich der Plage de la Potinière in unser Blickfeld kommt.
Als wir auf die Straße treffen halten wir uns direkt rechts und gelangen so über eine steile Treppe hinunter zum Strand. Oberhalb eines künstlichen Steinwalls reihen sich blau-weiße Badehäuschen aneinander. Der Strand ist viel kleiner als der Strand an dem unsere Wanderung begann. Trotzdem machen wir hier eine fantastische Entdeckung. Liegengelassen von der Ebbe zwischen all dem Seetang finden wir ein merkwürdig, fast wie ein Raumschiff aussehendes Gebilde. Dass es sich dabei wahrscheinlich um eine leere Katzenhaihülle handelt finde ich erst später heraus.
Wie ich am Abend nachlese, werden die leeren Kapseln der Eier von Katzenhaien oder Rochen immer wieder an den Strand gespült. Zur Eiablage schwimmen Katzenhai-Weibchen dicht am Meeresbodens ab. Die Hornfäden der Eihülle lassen sie dabei aus der Geschlechtsöffnung hängen. Sobald sich diese Fäden an Wasserpflanzen verfangen, wird das Gehäuse aus dem Weibchen gezogen. Die Flut spült die meist leeren Eikapseln dann an den Strand.
Vom Strand gelangen wir entlang der Hafeneinfahrt nach Carteret. Auf dem ersten Stück der Promenade müssen erst kürzlich einige Fischer angelegt haben. Es riecht sehr fischig, am Boden und in den Fangnetzen liegen überall die Überreste vom letzten Krabbenfang. Ein bisschen schade drum. Nach kurzer Zeit erreichen wir dann den kleinen Hafen von Carteret. Motorboote und Segelschiffe liegen an ihren Anlegeplätzen und warten darauf bei der nächsten Ebbe auf Grund zu laufen. Am Hafen kehren wir um, schlendern durch die kleine Ladenstraße und dann durch den Ort zurück zum Cap de Carteret.
Oberhalb des Zöllnerpfades, entlang einer alten Trockenmauer wandern wir auf einem Wiesenpfad aussichtsreich um den Leuchtturm herum. Der Wind bläst auf der offenen Fläche jetzt ganz schön und mittlerweile hat es auch angefangen leicht zu regnen.
Hinter dem Leuchtturm halten wir uns links und gelangen über ein Zufahrtssträßchen zu den Dunes d’Hatainville. Zunächst folgen wir dem breiten Wiesenweg. Frische Kuhfladen machen mich etwas kribbelig. Nach der Kuh-Attacke in Großbritannien bin ich vorsichtig geworden. Als ein mit Pflöcken markierter Pfad links abzweigt entschließen wir uns diesem zu folgen. Mit schönem Blick zurück zum Leuchtturm und hinunter auf Meer und Strand führt uns der Pfad nun durch de Dünenlandschaft. Leider verlieren wir die Pflöcke irgendwann aus dem Augen und beschließen nun querfeldein zum paralell, aber tiefer gelegenen Pfad hinab zu steigen. Diesem Pfad folgen wir dann eine Weile, schlendern dann aber doch die letzten Meter am Strand zurück zu unserem Ausgangspunkt.
Mit knapp 14 Kilometern war die Wanderung heute recht lang. Irgendwie scheint die Küste uns auch zu entschleunigen, so dass wir für die Runde heute gut 5 Stunden gebraucht haben. Es gab aber auch so viel zum Gucken. Und das Toben am Stand braucht halt auch Zeit 😉 Amy konnte an den Strandabschnitten ohne Leine laufen. Ab Cap wäre es bestimmt auch möglich gewesen, da es mir zu steil war, habe ich sie lieber an der Leine geführt. In den Dünen herrscht Leinenpflicht.